Unterhaltsanspruch in der Bundesrepublik Deutschland lebender iranischer Kinder gegen iranischen Vater

Bundesgerichtshof

Urt. v. 15.01.1986, Az.: IVb ZR 75/84

Amtlicher Leitsatz:

a)

Ein iranisches Kind, das seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat, wird im Unterhaltsprozeß gegen seinen iranischen Vater unter den Voraussetzungen des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB von seiner deutschen Mutter vertreten.

b)

Auf den Unterhaltsanspruch eines iranischen Kindes gegen seinen iranischen Vater ist auch dann, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat und die Mutter Deutsche ist, grundsätzlich iranisches Recht anzuwenden.

Der IVb – Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 1986

durch

den Vorsitzenden Richter Lohmann und

die Richter Dr. Blumenröhr, Dr. Krohn, Dr. Macke und Nonnenkamp

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen – 3. Zivilsenat als Senat für Familiensachen – vom 25. Oktober 1984 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung zur Zahlung von Unterhaltsrenten an die Kläger zu 2) bis 4) zurückgewiesen worden ist.

Im Umfange der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Kläger zu 2) bis 4) sind die ehelichen Kinder des Beklagten aus seiner Ehe mit der am Revisionsverfahren nicht beteiligten Klägerin zu 1). Der Beklagte und die Kläger zu 2) bis 4) sind iranische Staatsangehörige. Die Klägerin zu 1) besitzt sowohl die deutsche als auch – durch Heirat – die iranische Staatsangehörigkeit, wobei die deutsche Staatsangehörigkeit nach den – insoweit nicht angegriffenen – Feststellungen des Berufungsgerichts die effektive ist. Die Parteien leben sämtlich in der Bundesrepublik Deutschland, die Kläger zu 2) bis 4) sind hier geboren.

Im August 1983 kam es zur Trennung der Ehegatten. Die Ehe ist im März 1984 auf Antrag des Beklagten von einem Gericht in Teheran geschieden worden. Der Beklagte hat bei der zuständigen Landesjustizverwaltung die Anerkennung des Scheidungsurteils beantragt. Nach einem in den Akten befindlichen Bescheid vom 11. Oktober 1984 ist der Antrag abgelehnt worden. Die Kläger zu 2) bis 4) wohnen bei der Klägerin zu 1).

Mit der Klage, in deren Rahmen die Klägerin zu 1) als gesetzliche Vertreterin der Kläger zu 2) bis 4) auftritt, ist beantragt, den Beklagten zur Zahlung von Unterhaltsrenten in Höhe von je 700 DM monatlich an die Kläger zu 2) und 3) und von 600 DM monatlich an die Klägerin zu 4) zu verurteilen. Das Amtsgericht – Familiengericht – hat so entschieden, und zwar in Anwendung iranischen Rechts. Hiergegen hat der Beklagte im Wege der Berufung geltend gemacht, daß das Familiengericht das iranische Recht falsch angewendet habe. Nach iranischem Recht sei die Klage schon unzulässig, da die Klägerin zu 1) als Mutter nicht zur gesetzlichen Vertretung der Kinder berufen sei. Im übrigen schulde er diesen nach iranischem Recht lediglich Unterhalt in seinem Hause. Dazu sei er bereit. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Es hat deutsches Recht für anwendbar und das Unterhaltsbegehren der Kläger zu 2) bis 4) danach für gerechtfertigt gehalten. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt im Umfange der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreites an das Oberlandesgericht.

I.

1.

Die Kläger zu 2) bis 4) werden in der vorliegenden Unterhaltssache durch die Klägerin zu 1) wirksam gesetzlich vertreten. Dies folgt aus § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB. Danach kann, wenn die Eltern getrennt leben und keine Sorgerechtsregelung getroffen ist, der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Regelung sind gegeben. Die als Vertreterin der Kläger zu 2) bis 4) auftretende Klägerin zu 1) ist der Elternteil, unter dessen Obhut die Kinder stehen. Eine (positive) Sorgerechtsregelung liegt bisher nicht vor. Soweit es in dem iranischen Scheidungsurteil heißt, daß die Vormundschaft und das Sorgerecht über die Kläger zu 3) und 4) der Vater übernehme, handelt es sich um den Ausspruch einer Scheidungsfolge. Infolgedessen stellt sich die Frage, ob diese Sorgerechtsregelung in der Bundesrepublik Deutschland anzuerkennen ist, nur für den Fall, daß die Ehescheidung als solche in dem Verfahren nach Art. 7 § 1 FamRÄndG 1961, dessen es wegen der (effektiven) deutschen Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 1) bedarf (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1982 – IVb ZR 729/80 – FamRZ 1982, 1203, 1204), anerkannt wird. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben.

Die Vertretungsregelung des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB ist hier ungeachtet dessen anzuwenden, daß sowohl die Kläger zu 2) bis 4) als auch der Beklagte iranische Staatsangehörige sind. In dieser Hinsicht gibt den Ausschlag, daß die Kläger zu 2) bis 4) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Nach Art. 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 des von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. Oktober 1956 (BGBl. 1961 II S. 1012, 1013, 1972 II S. 589, in der Folge: Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956) gilt das Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, außer für das Unterhaltsrecht selbst auch für die Frage, wer die Unterhaltsklage erheben kann. Damit erfaßt die Regelung auch die Vertretung des Kindes im Unterhaltsprozeß und schließt daher bei gewöhnlichem Aufenthalt des Kindes in der Bundesrepublik Deutschland die Anwendung des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB ein (KG OLGZ 1980, 165, 166 f.; OLG Frankfurt FamRZ 1982, 528, 529 und FamRZ 1983, 917; MünchKomm/Siehr, Nach Art. 19 EGBGB Anh. I Rdn. 147, 149; Palandt/Heldrich BGB 45. Aufl. Anh. zu Art. 21 EGBGB Anm. 3 c zu Art. 1 Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956; Staudinger/Kropholler BGB 12. Aufl. Vorbem. zu Art. 18 EGBGB Rdn. 109 ff.). Daß der Iran seinerseits nicht zu den Vertragsstaaten des Haager Übereinkommens vom 24. Oktober 1956 gehört, ist unerheblich. Für die Anwendung des Übereinkommens kommt es allein darauf an, ob das betreffende Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat hat (s. BGH Urteile vom 31. Januar 1973 – IV ZR 67/71 – FamRZ 1973, 185; vom 5. Februar 1975 – IV ZR 103/73 – NJW 1975, 1068; vom 24. Januar 1978 – VI ZR 95/75 – VersR 1978, 346, 347; Palandt/Heldrich a.a.O. Anh. zu Art. 21 EGBGB Anm. 1 b).

Auf die Regelungen des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17. Februar 1929 (RGBl. 1930, II S. 1002, 1006; in der Folge: deutsch/iranisches Abkommen), dessen Weitergeltung durch die Bekanntmachung über deutsch-iranische Vorkriegsverträge vom 15. August 1955 (BGBl. 1955 II S. 829) bestätigt worden ist, kommt es in dem hier in Frage stehenden Zusammenhange nicht an. Das deutsch/iranische Abkommen gilt nur bei übereinstimmender – sei es deutscher oder iranischer – Staatsangehörigkeit der an dem Rechtsverhältnis Beteiligten (BGHZ 60, 68, 74 f.; BayObLG FamRZ 1978, 243, 245; KG OLGZ 1979, 187, 188; OLG Koblenz OLGZ 1976, 281, 282 und 1979, 187, 188; Böhm/Siehr, Das gesamte Familienrecht, Bd. II, Einf. 7.4 Rdn. 14; Krüger FamRZ 1973, 6, 9 f.; MünchKomm/Siehr a.a.O. Rdn. 16, 17; Palandt/Heldrich a.a.O. Anh. 4 d zu Art. 23 EGBGB, Art. 18 MSA Anm. 1; Soergel/Kegel BGB 11. Aufl. vor Art. 7 EGBGB Rdn. 33; Staudinger/Kropholler a.a.O. Vorbem. zu Art. 18 EGBGB Rdn. 782, 784). Sind Personen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit beteiligt, ist auf das anderweitige Kollisionsrecht zurückzugreifen, zu dem für die Bundesrepublik Deutschland das Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 gehört. Hier besitzt aber die Mutter, die Klägerin zu 1), zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit. Da diese nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts die effektive ist, ist international-privatrechtlich auf sie abzustellen (vgl. BGHZ 75, 32, 39 ff.). Damit sind, soweit es um das Recht zur Vertretung der Kläger zu 2) bis 4) geht, Personen mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit beteiligt. Die Vertretungsbefugnis ist Teil der elterlichen Sorge (s. § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die damit zusammenhängenden Fragen betreffen naturgemäß beide Elternteile (vgl. wiederum BGHZ 60, 69, 74 [BGH 20.12.1972 – IV ZB 20/72] sowie KG aaO, wo jeweils ebenfalls davon ausgegangen wird, daß an dem Sorgerechtsverhältnis beide Elternteile beteiligt sind).

Die aufgrund Art. 1 Abs. 3 des Haager Übereinkommens vom 24. Oktober 1956 anwendbare Vertretungsregelung des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB hat der Beklagte auch für den Fall hinzunehmen, daß eine Vertretung des Kindes durch die Mutter nicht der Rechtsstellung entspricht, die ihm das iranische Recht als Vater gewährt. Eine Abschirmung der Rechtsstellung des Gewaltinhabers nach Art des Art. 3 des Haager Minderjährigenschutzabkommens – MSA – vom 5. Oktober 1961 (BGBl. 1971 II S. 217, 219) sieht das Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 nicht vor.

2.

§ 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB, wonach der vertretungsbefugte Elternteil die Unterhaltsansprüche des Kindes, wenn die Scheidung der Ehe beantragt ist, nur im eigenen Namen geltend machen kann, steht hier ungeachtet des iranischen Scheidungsverfahrens einer Sachentscheidung auf eine im Namen der Kläger zu 2) bis 4) erhobene Klage nicht entgegen. Insoweit mag dahinstehen, ob die Vorschrift bei Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens im Ausland überhaupt Anwendung findet (verneinend OLG Frankfurt FamRZ 1982, 528, 529). Denn das im Iran betriebene Scheidungsverfahren ist inzwischen abgeschlossen. Dadurch ist die Prozeßführungsbefugnis jedenfalls an die Kläger zu 2) bis 4), vertreten durch ihre Mutter, zurückgefallen. Insoweit kann auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die der Bundesgerichtshof für den Fall entwickelt hat, daß der Gemeinschuldner selbst prozessiert und im Verlaufe des Prozesses der Konkurs eingestellt wird (BGHZ 28, 13, 14). Das von dem Beklagten betriebene Anerkennungsverfahren nach Art. 7 § 1 FamRÄndG 1961 steht der Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens im Sinne des § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht gleich.

II.

Gleichwohl hat die Revision Erfolg.

1.

Das Berufungsgericht hat die Unterhaltsansprüche der Kläger zu 2) bis 4) nach deutschem Recht beurteilt und sich auch insoweit auf das Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 gestützt. Das deutsch/iranische Abkommen, so hat das Berufungsgericht ausgeführt, finde auch hinsichtlich des materiellen Unterhaltsrechts ungeachtet der übereinstimmenden iranischen Staatsangehörigkeit sowohl der Kläger zu 2) bis 4) auf der einen als auch des Beklagten auf der anderen Seite keine Anwendung, da an dem Unterhaltsrechtsverhältnis auch die Mutter und somit ein (effektiv) deutscher Staatsangehöriger beteiligt sei. Daß die Elternteile wechselseitig an dem Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den jeweils anderen Elternteil beteiligt seien, zeige sich darin, daß es für den Umfang der Leistungspflicht des einen Elternteils auf die Leistungsfähigkeit des anderen ankommen, der Unterhaltsbedarf des Kindes von der Lebensstellung beider Eltern beeinflußt werden und die Art der Unterhaltsgewährung von der gemeinsamen Bestimmung durch die Eltern abhängen könne.

2.

Diese Betrachtungsweise hält der Überprüfung nicht stand.

a)

Richtig ist, daß sich Wechselwirkungen zwischen dem Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den einen und seinem familienrechtlichen Verhältnis zu dem anderen Elternteil – im deutschen Recht in der von dem Berufungsgericht dargelegten Weise – ergeben können. Indessen reißt das Internationale Privatrecht in Art. 13 ff. EGBGB und seinen daraus entwickelten sowie den durch internationale Verträge bestimmten Kollisionsnormen nicht selten familienrechtliche Zusammenhänge auseinander, indem es für bestimmte familienrechtliche Tatbestände auf die eine und für damit zusammenhängende weitere familienrechtliche Tatbestände auf eine andere Rechtsordnung verweist. Eine „Zersplitterung des Privatrechts durch das Internationale Privatrecht“ (Schwind) ist für das geltende Internationale Privatrecht geradezu kennzeichnend (s. Schwind RabelsZ 23 [1958], 449, 451). Es pflegt einen Lebenssachverhalt, der mit mehreren Rechten in Verbindung steht, in mehrere Teile aufzulösen, von denen jeder einzelne nur einem einzigen Recht zugeordnet wird (Goldschmidt, Festschrift für Wolff, S. 204, 208). So erinnert es in seiner Anwendung auf die verschiedenen Seiten eines Lebenssachverhalts nach einem anschaulichen Bild von Wengler zuweilen an ein Automobil, das aus Teilen verschiedener Fabrikate zusammengesetzt ist (s. Wengler, Revue critique de Droit international prive, 43 [1954], 661, 682 f.). Diese „Rechtsmischung“ (Schwind aaO) tritt vor allem auf, wo für ein Element eines Rechtsverhältnisses, eine sog. Vortrage, an eine andere Rechtsordnung angeknüpft wird als für das darauf aufbauende Rechtsverhältnis selbst. Sie ist aber ebensogut in der Weise denkbar, daß einander berührende Rechtsverhältnisse, die nicht im Verhältnis von Vortrage und Hauptfrage stehen, je nach Staatsangehörigkeit der Beteiligten (oder anderen international-privatrechtlich maßgeblichen Gesichtspunkten) unterschiedlichen Rechtsordnungen unterstellt werden. Vor diesem Hintergrund können hier mögliche Wechselwirkungen aus dem familienrechtlichen Verhältnis zu der Klägerin zu 1) für die international-privatrechtliche Behandlung des Unterhaltsanspruchs der Kläger zu 2) bis 4) gegen den Beklagten nicht ausschlaggebend sein. Es handelt sich um eine Rechtsbeziehung ausschließlich zwischen den Klägern zu 2) bis 4) als Unterhaltsgläubigern und dem Beklagten als Unterhaltsschuldner (s. auch Böhmer/Siehr a.a.O. zu Buchst. a sowie MünchKomm/Siehr a.a.O. Rdn. 17, wo ebenfalls davon ausgegangen wird, daß an dem Unterhaltsanspruch des Kindes allein das Kind und die in Anspruch genommene Person beteiligt sind). Daher kommt es allein darauf an, welche Kollisionsregelung das Internationale Privatrecht in diesem Verhältnis, aufgrund nationaler Rechtssetzung oder internationaler Übereinkunft, bereithält. Sofern sie zu einer anderen Rechtsordnung führt, als sie im Verhältnis der Kläger zu 2) bis 4) zu der Klägerin zu 1) als ihrer Mutter gilt, und sich daraus für die Abwicklung des Unterhaltsanspruchs Koordinierungsprobleme ergeben, sind diese durch „Angleichung“ zu lösen (vgl. allgemein Firsching, Einf. in das internationale Privatrecht, 2. Aufl., § 7 Ziff. 2; Kegel, Internationales Privatrecht, 4. Aufl., § 8 I und III; Neuhaus, Die Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts, 2. Aufl., § 47; Raape/Sturm, Internationales Privatrecht, 6. Aufl., § 14 Abschn. C), indem entweder die betreffende Kollisionsnorm, soweit nach der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Vorgabe möglich, modifiziert oder für das offenbar werdende Koordinierungsproblem eine neue Kollisionsregel entwickelt oder dem auftretenden Koordinierungsbedürfnis in der Auslegung des anwendbaren Rechts Rechnung getragen wird.

b)

aa)

Unterhaltsansprüche wie sie hier von den Klägern zu 2) bis 4) verfolgt werden, fallen unter Art. 8 Abs. 3 des deutsch/iranischen Niederlassungsabkommens. Nach dieser Regelung bleiben die Angehörigen jedes der vertragsschließenden Staaten „in bezug auf das Personen-, Familien- und Erbrecht“ den Vorschriften ihrer heimischen Gesetze unterworfen. Das betrifft schon nach diesem Wortlaut auch die durch Ehe und Verwandtschaft begründeten Unterhaltsansprüche, da sie familienrechtlicher Natur sind. Dies findet eine zusätzliche Bestätigung in Ziff. I des Schlußprotokolls zu dem deutsch/iranischen Abkommen (BGBl. 1930 II S. 1012). Dort wird zu Art. 8 Abs. 3 des Abkommens klargestellt, daß die Regelung außer einzelnen besonders genannten Angelegenheiten wie Ehe, eheliches Güterrecht, Scheidung, Abstammung usw. „alle anderen Angelegenheiten des Familienrechts“ umfaßt.

Dementsprechend gehen Schrifttum und gerichtliche Praxis mit Recht davon aus, daß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 des deutsch/iranischen Abkommens auch für Unterhaltsansprüche gilt (Beitzke IPRax 1981, 122; Böhmer/Siehr a.a.O. Rdn. 14; MünchKomm/Siehr a.a.O. Rdn. 16; Krüger a.a.O. S. 10; OLG Oldenburg IPRax 1981, 136, 137; OLG Bremen in dem angefochtenen Urteil). Die der Regelung stillschweigend zugrunde liegende Voraussetzung, daß es sich bei den an dem Rechtsverhältnis Beteiligten um Angehörige desselben Staates handeln muß (s. oben zu I. 1), ist für die hier in Rede stehenden Unterhaltsansprüche gegeben, da sowohl die Kläger zu 2) bis 4) als Unterhaltsgläubiger als auch der Beklagte als Unterhaltsschuldner iranische Staatsangehörige sind. Das deutsch/iranische Abkommen verweist somit für die streitgegenständlichen Ansprüche auf iranisches Recht.

bb)

Auf der anderen Seite greift seinem Wortlaut nach auch Art. 1 Abs. 1 des Haager Übereinkommens vom 24. Oktober 1956 ein, welches für Unterhaltsansprüche eines Kindes auf das Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltes verweist. Danach wäre, da sich die Kläger zu 2) bis 4) ständig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, deutsches Recht berufen.

cc)

In dieser Weise stoßen hier zwei jeweils auf eine andere Rechtsordnung verweisende staatsvertragliche Regelungen aufeinander. Dieser sog. Konventionenkonflikt ist zugunsten von Art. 8 Abs. 3 des deutsch/iranischen Abkommens zu lösen (so auch Böhmer/Siehr aaO; MünchKomm/Siehr aaO; Kropholler in einem in der vorliegenden Sache für den Beklagten erstatteten Rechtsgutachten; Krüger aaO; Palandt/Heldrich a.a.O. Anh. zu Art. 21 EGBGB Anm. 1 b). Das entspricht dem Grundsatz des Art. 30 Abs. 4 Buchst. b des Wiener UN-Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (abgedr. Sartorius II Nr. 320). Danach bestimmen sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten, wenn nicht alle Vertragsstaaten eines früheren Vertrags Vertragsparteien des späteren sind, nach dem Vertrag, dem beide Staaten angehören. Dies führt vorliegend, da der Iran dem Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 nicht beigetreten ist, zur Anwendung des deutsch/iranischen Abkommens. Die Haager Übereinkommen lassen im übrigen allgemein frühere bilaterale Bindungen zu Drittstaaten unberührt. Das zeigt sich etwa in Art. 18 Abs. 2 MSA und in Art. 19 des Haager Übereinkommens vom 2. Oktober 1973 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht, dessen Ratifizierung die Bundesrepublik Deutschland vorbereitet (BT-Drucks. 10/258, s. dort S. 19), wo jeweils die Weitergeltung früherer zwischenstaatlicher Übereinkünfte klargestellt wird. Darin kommt ein allgemeiner Rechtsgedanke zum Ausdruck, der auch für das Verhältnis des deutsch/iranischen Abkommens zu dem Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 gilt.

c)

Nach alledem ist auf die Unterhaltsansprüche der Kläger zu 2) bis 4) iranisches Recht anzuwenden. Dessen Ermittlung und fallgerechte Anwendung wie auch gegebenenfalls die Überprüfung auf die Vereinbarkeit mit dem deutschen ordre public ist Sache des Tatrichters. Ihm obliegt auch die Prüfung der von der Revisionserwiderung aufgeworfenen Frage, ob sich etwa über das iranische Recht in dem hier in Frage stehenden Bereich keine sicheren Feststellungen treffen lassen (vgl. insoweit Senatsurteil vom 23. Dezember 1981 – IVb ZR 643/80 – FamRZ 1982, 263, 264 f. im Anschluß an BGHZ 69, 387, 394 f.) [BGH 26.10.1977 – IV ZB 7/77].

Der Rechtsstreit ist nach alledem unter Aufhebung des angegriffenen Teils der angefochtenen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.